Alligator im Country Club
Kurzgeschichte zum zweiten Teil von Shapes of Diversity
Thomas - 37 Jahre
Content Notes:
Kraftausdrücke
Es war wieder mal ein verdammt schwüler Tag. Der Schweiß rann von meinem Körper, nur weil ich existierte, und dann sollte ich gleich noch zum Alaqua Country Club, einen Alligator vom Golfplatz holen. Wenigstens lag der Club direkt um die Ecke. Momentan übernachtete ich im luxuriösen Haus meines Bruders, weil Lena in meinem Apartment wohnte.
Schon vor einer Stunde hatte ich Paul angerufen. Das war mein Praktikant, ein junger Biologiestudent und eine absolute Schissbuchse. Das würde noch ein Spaß mit ihm werden.
Ich schmiss Seile, meine Wathose, einen Eimer mit Klebeband, Handschuhen und Lappen in meinen Pick-up und fuhr los.
Die Bohnenstange Paul wartete tatsächlich schon auf mich. Das musste ich ihm lassen, er sprang wie ein Hund nach meiner Pfeife. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass ich ihn ansonsten in den Boden ramme wie ein Zimmermann einen Nagel ins Holz. Der Gedanke belustigte mich, er würde zerbrechen wie ein Zahnstocher.
Dabei gab ich mir solch eine Mühe, nett zu wirken. Ich vermutete, der Auslöser seiner Angst war, als ich vor seinen Augen die Holzscheite bei der Naturschutzbehörde mit bloßen Händen spaltete.
Ich stand halt nicht so auf Fitnessstudio und nutzte, wenn möglich, lieber andere Gelegenheiten, um in Form zu bleiben.
Das Viech heute brachte locker 300 Kilo auf die Waage, und war noch ein junges Exemplar. Ich hatte ihn schon ein paarmal eingefangenen und nannte ihn deshalb Jimmy. Der Schlingel kam immer wieder zurück, ich sollte ihn diesmal weiter wegfahren.
Die Wagentür knallte hinter mir mit etwas zu viel Schwung zu.
»Hey Paul, schnapp dir den Eimer.« Dabei griff ich nach der Wathose und Handschuhen. Die Hosenträger knallten laut auf meinen verschwitzten, nackten Schultern.
Paul stand vor mir mit den Sachen in seinen zittrigen Händen. »Du hast kein Shirt an.«, sagte er mit schwacher Stimme.
»Richtig erkannt, es ist scheiße schwül heute, dann muss nicht noch ein Shirt an mir kleben.« Ich lächelte ihn an, aber ich glaube, er war kurz davor, sich in die Hose zu machen. »Ich muss mich auf dich verlassen können Paul, wenn ich auf dem Alligator sitze, brauche ich das Klebeband, verstanden?«
Er nickte.
»Gut, dann komm mit.«
Er folgte mir wie ein Schoßhündchen in den Country Club. Anscheinend wurden wir bereits erwartet, denn ich sah eine Menschenmenge mit gebührendem Abstand zum Rand des Teiches. Großartig, Zuschauer, dafür sollte ich extra Geld verlangen.
Ich nahm dem Jungen das Seil ab, steckte mir den Lappen in die Hose und schritt durch die Menge, die mir ehrfürchtig Platz machte. Den zahllosen Hüten nach zu urteilen, war anscheinend jede Dame, die Mitglied des Clubs war, gerade vor Ort. Dieses oberflächliche Geschnatter mit den Sektgläsern in der Hand mancher Ladys widerte mich an.
Für die reichen Schachteln dagegen war ich ein real gewordener Thirst-Trap, und das nur, weil ich meine Arbeit verrichtete. Ihr Lechzen nach mir konnte ich schon von Weitem riechen. Als ich durch die Menge schritt, fühlte es sich an, als würden sie mir ihre feuchten Höschen direkt ins Gesicht schlagen.
Dabei hätte es ihre soziale Stellung nie zugelassen, sich auf meine Wenigkeit einzulassen. Ich war halt nicht mein reicher, gut gekleideter Bruder Evan, der hier gern gesehener Gast war. Aber mich bei der Arbeit angaffen und dabei sabbern wie eine Hyäne, das ging.
Jimmy sonnte sich auf einer Sandbank. Was für ein prachtvolles Wesen und ein guter Kämpfer für seine noch recht geringe Größe. Ich durfte ihn nicht unterschätzen. Langsam machte ich einige Schritte ins knietiefe Wasser. Er drehte sich zu mir. Perfekt, noch besser wäre es, wenn er auf mich zukommen würde.
Schwungvoll warf ich das Seil nach ihm. Daneben. Es machte ihn wütend, er öffnete das Maul und fauchte. Ja kleiner, werde sauer, dann macht es besonders viel Spaß. Ich warf noch mal mit links, und er schnappte nach der Schlinge, sodass sie direkt über seinen Oberkiefer rutschte. Was für ein Glück, heute würde es schnell gehen.
Ich zog am Seil, und er begann sich zu wehren, indem er von der Sandbank rutschte und sich fauchend um seine eigene Achse drehte. Das Seil wickelte sich um beide Kiefer, und ich zog erneut daran, sodass sich sein Maul schloss. Jetzt würde es heikel werden. Ich müsste ihn ran holen, wie einen Fisch an der Angel, und zusehen, dass das Seil sein Maul geschlossen hielt.
Normalerweise würde jemand anderes ein weiteres Seil um sein Maul werfen, aber ich hatte niemanden, der mir heute helfen konnte, und Paul hätte weder das Seil werfen, noch genug Kraft gehabt, es halten zu können.
Die Leute klatschten und johlten, als ich langsam rückwärts ging, und der Alligator mir immer näher kam. Tatsächlich war Paul geistesgegenwärtig genug, das Seil hinter mir zu straffen, damit ich nicht darüber stolperte.
Nun rutschte es doch vom Unterkiefer, und ich kämpfte wieder mit einem weit aufgerissenen Maul. Mit aller Kraft zog ich am Seil, um ihn wieder zum Drehen zu zwingen. Brav reagierte der Alligator auf die Provokation, und so konnte ich ihn wieder näher ran holen.
Nur noch wenige Meter trennten uns, als er aus dem Wasser schnellte und hochsprang. Ein erschrockenes Raunen ging durch die Menge.
Ich riss meinen Arm hoch und wich, so schnell es ging, zurück, um das Seil gespannt halten zu können. Adrenalin strömte durch meinen Körper. Ich vergaß alles um mich herum und sah nur noch den wilden Alligator mit dem Seil kämpfen.
In solchen Momenten fiel es mir schwer, mich zu beherrschen. Ich fühlte, wie sich das Tier in mir windete. Wie gerne hätte ich Jimmy in einer anderen Gestalt die Stirn geboten, aber das würde im Publikum eine Massenpanik auslösen, was ich auf keinen Fall riskieren durfte.
»Fuck!«
Ich hörte, dass Paul irgendwas fragte, wahrscheinlich warum ich ausgerufen hatte. Dabei wollte ich mich nur von meinem eigenen Verlangen ablenken, dass in mir genauso tobte, wie Jimmy gegen das Seil kämpfte. Ihm jetzt zu antworten war unmöglich, ich musste hier zwei Biester unter Kontrolle bringen. Den Alligator und mich.
»Ruhig Junge, du kennst die Prozedur.« Er war nur noch eine Armlänge von mir entfernt und das Seil rutschte erneut von seinem Unterkiefer.
»Fuck!« Jetzt war es wegen Jimmy.
Ich fackelte nicht lange, griff mit rechts den Lappen und fasste mit links oben auf seine Nase, um ihm das Maul zu schließen. Den Schwung nutzte ich, um auf seinen Rücken zu springen, seine Augen mit dem Lappen zu bedecken, mich nach vorne zu beugen und seine Schnauze in den Sand zu drücken.
»Jetzt Paul, das Klebeband!«
Er kam sofort angerannt. Seine Angst vor mir war wohl größer als vor dem Alligator.
Mit aller Kraft, die ich in meinen Fingern aufbringen konnte, hielt ich das Maul zu, hob aber die Schnauze an. Paul wickelte geschickt das Klebeband drum herum, und klebte auch den Lappen fest, sodass ich mich darauf konzentrieren konnte, das zappelnde Ungetüm unter mir in Schach zu halten.
Kurze Zeit später waren auch die Beine an den Körper geklebt, und wir mussten nur noch auf den peitschenden Schwanz von Jimmy achten. Ich tätschelte den mächtigen Schädel des Tieres. »Guter Junge.«
Der Hausmeister des Clubs kam bereits mit einem Wagen samt Anhänger angefahren, auf das wir den Alligator drauf hievten. Vorbildlich schüttete Paul vorher Wasser auf die Ladefläche, auf der Jimmy liegen sollte, damit er sich die Bauchschuppen nicht am heißen Stahl verbrannte.
Die Menge applaudierte. Ich versuchte, freundlich zu schauen, wischte mir den Schweiß mit dem Arm aus dem Gesicht, zog die Handschuhe aus und verneigte mich, wie ich es bei Konzerten immer tat.
Endlich reichte mir eine freundliche Bedienung ein Handtuch, mit dem ich meinen klitschnassen Körper abtrocknete. Sie starrte mich dabei mit offenem Mund an. Der Duft ihrer Erregung war einladend wie ein Buffet, an dem ich mich zu gerne bedient hätte.
Als ich fertig war, drückte ich ihr sanft das Kinn hoch, um ihren schönen Mund zu schließen. »Ruf mich an Kleines, Tabares, Thomas Leal Tabares.« Dank der Firma meines Bruders war der Name für sie mit Sicherheit ein Begriff.
Das gute Handtuch aus ägyptischer Baumwolle blieb beim Gehen auf meiner Schulter liegen. Ich hörte noch, wie sie »Thomas« wisperte.
Wir luden das Ungetüm auf die nasse Ladefläche meines Pick-ups und fuhren weit raus in die Sümpfe, um es wieder frei zu lassen. Bei der Gelegenheit brachte ich Paul einiges darüber bei, was er über das natürliche Habitat der Alligatoren wissen musste, und was man beim Freilassen der Tiere beachten sollte. Insgeheim war ich sehr stolz auf ihn, dass er so unerwartet professionell reagiert und gehandelt hatte. Vielleicht steckte mehr in dem schmalen Kerl, als ich bis jetzt glaubte.